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Führung? Nicht wichtig, wenn die Zahlen stimmen! ...oder?

Ein Tritt ins Gesäß einer unterstellten Mitarbeiterin gehört auch dann nicht zur betrieblichen Tätigkeit eines Vorgesetzten, wenn er mit der Absicht der Leistungsförderung geschieht. Diese deutliche Untergrenze schlechter Führung hat bereits 1998 das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gezogen (LAG Düsseldorf, Az.: 12 (18) Sa 196/98).

Gleichwohl kennen wir alle sogenannte Führungskräfte, die sich dieses Stils immer noch bedienen – Nicht mehr Tat, wohl aber per verbaler und nonverbaler Kommunikation.

Schlechte Führung wird toleriert

Eine Studie der Hochschule Osnabrück unter 118 Unternehmen mit mindestens 400 Beschäftigten hat gezeigt: Deutsche Unternehmen haben eher selten eine Führungskultur. Der Grund hierfür liegt im geringen Stellenwert der Personalführung im Vergleich zu „harten“ betriebswirtschaftlichen Kriterien, wie dem operativen Ergebnis. Die Kernaussage der Ergebnisse der Studie sollte sehr nachdenklich stimmen: Zwar ist in 85 Prozent der befragten Unternehmen das Führungsverhalten expliziter Bestandteil von Personalbeurteilungen, doch die Toleranz gegenüber schlechtem Führungsverhalten ist sehr hoch. In mehr als zwei Dritteln der Unternehmen wird schlechte Führung toleriert, sofern und solange das operative Ergebnis stimmt. In lediglich vier Prozent der befragten Unternehmen existiert wenig Toleranz gegenüber schlechter Führung bei passendem finanziellem Ergebnis.

Schlechte Führung kaum ein Kündigungsgrund

Schlechte Führung ist auch nur zu 18 Prozent ein Trennungsgrund von Führungskräften. Schlechte Zahlen hingegen führen in 42 Prozent der Fälle zum Rausschmiss. Erfreuliche 95 Prozent der Befragten treffen Zielvereinbarungen mit ihren Führungskräften. Differenziert man diese jedoch nach einzelnen Komponenten, zeigt sich erneut die Ergebnisdominanz. Diese hat in mehr als 90 Prozent einen „sehr hohen“ oder „bedeutenden“ Stellenwert. Der Vergleichswert beim Führungsverhalten liegt bei nur 45 Prozent. Ein noch geringerer Stellenwert mit 17 Prozent findet sich bei der Fluktuationsrate.

Wieder einmal stinkt es vom Kopfe her

Bleibt die Hoffnung, dass sich das Bild wenigstens sukzessive bei der Einstellung neuer Führungskräfte ändert? Eher weniger, schaut man auf die Studienergebnisse. Zwar hat Führung einen Stellenwert im Rahmen der Personalauswahl und verfügen auch 92 Prozent der Unternehmen über einen von der Personalabteilung gesteuerten standardisierten Einstellungsprozess, der auch bei der Mehrzahl der Einstellungen von Führungskräften zum Einsatz kommt. Wesentlich ist aber die Erkenntnis, dass je höher die Führungskraft in der Hierarchie angesiedelt ist, desto weniger werden die Personalabteilung und ihr Prozess eingebunden. Es bleibt also beim Volksmund: Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken.

Zusammenfassend lässt sich sagen,

  1. dass schlechtes Führungsverhalten in der Regel nicht sanktioniert wird, sofern und solange das operative Ergebnis stimmt und
  2. dass gutes Führungsverhalten nicht belohnt wird. Das zeigt sich daran, dass Führung als Komponente von Zielvereinbarungen eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Schlechte Führung ist toxisch und damit sehr teuer!

Ändern wir nun den Fokus der Betrachtung und unterstellen, dass gute Führung durchaus eine positive Auswirkung auf das operative Ergebnis hat. Stichworte sind hier geringere Kosten durch sinkende Fluktuation bzw. steigende Mitarbeitereffizienz infolge höherer Motivation. Schaut man sich immer wieder die Ergebnisse des Gallup Engagement Index an, sind im Durchschnitt 70 Prozent der Beschäftigten emotional gering gebunden und machen lediglich Dienst nach Vorschrift. Dieser Zustand der inneren Kündigung führt – so Gallup – zu volkswirtschaftlichen Kosten von bis zu 105 Milliarden Euro pro Jahr. Dieser Betrag verteilt sich anteilsmäßig auf all die Unternehmen, die schlechte Führung zulassen und damit den Zustand der inneren Kündigung herbeiführen.

Kosten der Neubesetzung? Bis zu 1,5 Jahresgehälter!

Betrachten wir zudem die Fluktuationskosten, jene Personalnebenkosten, die durch den ungeplanten Austritt eines Mitarbeiters verursacht werden. Kosten für Inserate bzw. Headhunting, anteilige Kosten der Personalabteilung und etwaige Kosten für Einstellungsdiagnostik sowie die Opportunitätskosten des Anlernens und die Verluste durch nichtbesetzte Arbeitsplätze. Monetär schwierig zu beurteilen ist der Kompetenzverlust und der kulturelle Kollateralschaden, denn es sind in der Regel die Guten, die kündigen. Wissend, dass die Kosten der Neubesetzung einer Stelle schnell bis zu 1,5 Jahresgehälter betragen können, erstaunt die geringe Bedeutung der Fluktuationsrate in Zielvereinbarungen von nur 17 Prozent sehr. Zumal doch hinlänglich bekannt ist, dass Mitarbeiter i.d.R. nicht das Unternehmen sondern ihren Chef verlassen.

Schaut man sich nun wirklich erfolgreiche Unternehmen an und fragt nach den Gründen des Erfolgs, wird man schnell bemerken: Führung macht den Unterschied!

In meiner täglichen Beratungspraxis erlebe ich eine Vielzahl von „interessanten“ Typen von Führungskräften. Einigen – weil häufig auftretend – widme ich einen eigenen Text, wie zuletzt dem Typ Äffchen.

Wie schaut es bei Ihnen im Unternehmen aus?

Ich hoffe anders und grüße herzlich

Frank Weber (weber.advisory)

 

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