Change Kommunikation: Wie sage ich es nur – und wann?

In den vorherigen fünf Beiträgen haben wir uns mit den Grundlagen und Hintergründen von Veränderungsprojekten beschäftigt. Wir haben kennengelernt, welche Auswirkungen der Wandel auf den Menschen hat und wie er damit umgeht. Dieser letzte Beitrag der sechsteiligen Serie wird sich mit der Bedeutung von Kommunikation in betrieblichen Veränderungen beschäftigen und Ihnen einige Gedankenimpulse geben.

 

„Ich hab´s Ihnen doch gesagt!“. Kennen Sie diesen Satz? Wie häufig hören wir ihn so oder in ähnlichen Formulierungen in der zwischenmenschlichen Kommunikation? Häufig ergänzt von einem gesagten oder gedachten „Warum haben Sie es dann nicht gemacht?“.

 

Ein Axiom bezeichnet einen Grundsatz, der keines Beweises bedarf. Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick stellte 5 Axiome auf, die die zwischenmenschliche Kommunikation erklären. Das erste lautete, dass man nicht nicht kommunizieren kann und es ist gewissermaßen doppelt wahr. Zum einen verbirgt sich dahinter der Gedanke Watzlawicks, dass jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) Verhalten ist, und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren. Zum anderen erinnert uns sein Gedanke an die Omnipräsenz von Kommunikation in unserem (Berufs-)Leben. Denn Kommunikation ist alltäglich und funktioniert auch scheinbar selbstverständlich. Hinterfragt wird sie erst bei Missverständnissen oder Rückschlägen, nämlich dann, wenn es im zwischenmenschlichen Miteinander hakt, wenn sich Menschen unverstanden fühlen, gewünschte Ergebnisse ausbleiben, die Performance von Projekten oder ganzen Unternehmen leidet, weil die Menschen nicht mehr bei der Sache sind und nur vermuten, statt zu wissen. Dann, wenn Gerüchte an die Stelle von Fakten und Wissen treten.

 

Bewusste Kommunikation…

…lässt Gemeinsames entstehen und überwindet Hindernisse. Anlass genug, Kommunikation vorausschauend zu optimieren, zu reflektieren und zu trainieren – und das regelmäßig. Anlass auch, Kommunikation von bloßer Information zu unterscheiden. Wirkungsvolle Vertrauensbildung ist das Ergebnis passender und angemessener zwischenmenschlicher Kommunikation. Damit verabschieden wir uns von dem Gedanken, dass ein Aushang am schwarzen Brett oder ein Interview mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung ausreichend ist, um die Belegschaft vom Sinn und Zweck eines Veränderungsprojektes zu überzeugen. In den Bibliotheken lassen sich ganze Regalreihen von Büchern über die Wirkung von Kommunikation finden. Hier an dieser Stelle müssen wir uns kurzfassen und zitieren daher den Verhaltensforscher Konrad Lorenz.

Lorrenz

 

 

Wunderbar prägnant führt uns Lorenz die Wirkkette gelungener Kommunikation vor Augen. Veränderungskommunikation zielt darauf ab, dass Menschen etwas verändern, künftig etwas anders machen. Da reicht es nicht aus, Ihnen lediglich etwas zu sagen. Es ist sicherzustellen, dass sie es hören sowie verstehen. Ganz wichtig aber ist, dass sie mit der Botschaft einverstanden sind, was die Basis für Anwendung und Beibehaltung sind. Spiegeln wir das an dem, was wir täglich in den Unternehmen erleben und der Handlungsbedarf offenbart sich.

 

Timing ist alles!

Der zweite Beitrag dieser Serie beschäftigte sich mit dem Phasenmodell des Wandels. Hier haben wir erfahren, dass am Anfang von Veränderungsprozessen die beiden Phasen von Schock und Verneinung stehen. Erst wenn diese durchschritten sind, stellen sich rationale und dann auch emotionale Akzeptanz ein. Dieses Modell noch einmal vor Augen geführt, verdeutlicht uns, wann ein schlechter und wann ein guter Zeitpunkt für Veränderungskommunikation ist. Um etwas im Sinne von Lorenz zu verstehen, ist rationale Akzeptanz zwingend erforderlich. Einverständnis in diesem Sinne setzt zudem die emotionale Akzeptanz voraus. Der Abschluss der Lorenz´schen Wirkkette der Kommunikation, das Beibehalten, ist das Ergebnis der Integrations- und Konsolidierungsphase und setzt damit eine erfolgreiche Bewältigung der Test- und Ausprobier- sowie der Erkenntnisphase voraus. Was bedeutet das nun konkret für die Kommunikation in Veränderungsprozessen? Es ist ein Fehler, so wie leider üblich, gleich zu Beginn die Menschen mit einer Unmenge an Informationen quasi zu erschlagen. Alle bis ins letzte Detail ausgearbeiteten Sachinformationen zu den Hintergründen, Motiven und Zielen des angestrebten Wandels werden wirkungslos verpuffen. In den beiden Phasen von Schock und Verneinung sind die Menschen mit sich selber beschäftigt. Hier ist es besonders wichtig, die Realität der Situation mit vorhandenen Daten und Fakten darzustellen und das einfach, idealerweise in Bildern, Grafiken, da sie vom Gehirn schneller aufgenommen und verstanden werden. Die Devise heißt: „Keep it simple“! Erwarten Sie zudem Angst! Es ist von besonderer Bedeutung, mit Wertschätzung und Einfühlungsvermögen auf die Emotionen der Beteiligten einzugehen. Verständnis ist ein entscheidender Schlüssel, denn die Emotionen in der Verneinungsphase sind elementare Gründe, die Veränderungsprozesse von Beginn an erschweren und gefährden können! Erst in der Phase der rationalen Akzeptanz ist der Zeitpunkt für eine umfangreichere Sachinformation gekommen. Ab hier ist es sinnvoll, Handlungsperspektiven, Chancen, Möglichkeiten darzustellen.

 

Besser zu wenig als zu viel…

…oder eben genau anders herum. Der erste Beitrag dieser Serie beschäftigte sich mit dem Modell der Reflektorischen Bedrohlichkeitsprüfung. In dessen Mittelpunkt standen die beiden entscheidenden Fragen, ob die Veränderungssituation von den Mitarbeitern eines Unternehmens als bedrohlich und auch beherrschbar empfunden wird. Je nach Beantwortung dieser beiden Fragen stellen sich Angst, Reaktanz oder auch Neugierde sowie abwägender Umgang mit dem Wandel ein. Das hat gravierende Auswirkungen auf die Wirkung von Kommunikation. Dann, wenn die Situation als bedrohlich und wenig oder gar nicht beherrschbar empfunden wird, sprechen wir von einem „Informations-Sog“. Die Mitarbeiter haben hohen Bedarf an Orientierung und damit eine große „Sehnsucht“ nach Informationen. Das Management kann in eine kommunikative Defensive gelangen. Es besteht die deutliche Gefahr der Unterkommunikation mit Gerüchten und Spekulationen. Vollkommen anders stellt sich die Situation dar, wenn die Veränderungssituation zwar als bedrohlich, wohl aber beherrschbar empfunden wird. Mitarbeiter werden sich auf die Veränderung mit einer Anpassung ihres Verhaltens einstellen müssen, was sie nicht gern machen und daher sind sie erst einmal desinteressiert an weiteren Informationen. Ziele und Maßnahmen der Veränderung müssen eher „aufgedrängt“ werden. Hier besteht für das Management die deutliche Gefahr von „Pflichtkommunikation“, ohne die Empfänger emotional zu erreichen und damit Verhalten zu ändern.

 

Die magische Formel

Achtung Ironie – Die Sachorientierten und alles berechnen Wollenden unter den Lesern werden sich nun freuen. Es gibt eine ganz einfache Formel für Veränderungen.

Formel

 

Nach dieser ist die Veränderung eine Funktion des Produkts von U, Z und W. U steht dabei für die Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Zustand, Z beschreibt die Attraktivität des Zielzustands und W die Praktikabilität des Weges. Das alles muss in einem vernünftigen Verhältnis zu K, den Kosten der Veränderung stehen. Aus diesem kleinen Modell lassen sich ganz einfache Schlussfolgerungen ableiten.

 

  1. Wenn der gegenwärtige Zustand von der Breite der Belegschaft als zufriedenstellend oder gar gut empfunden wird, stellt sich keine Veränderung ein. Multiplizieren Sie mal etwas mit Null.
  2. Wenn die Ausgangslage verzweifelt ist und das alle so sehen, das vom Management aufgezeigte Zielbild aber nicht als attraktiv empfunden wird, so wird sich ebenfalls keine Veränderung einstellen.
  3. Ist die Ausgangslage anerkannt schlecht und der Zielzustand attraktiv, so muss es dem Management gelingen, einen für die Breite der Belegschaft praktikablen Weg aufzuzeigen. Gelingt das nicht, wird sich wieder keine Veränderung einstellen.

 

Die Storyline

Im letzten Beitrag beschrieb ich die 8-Erfolgshebel gelungener Veränderungsprojekte. Dabei habe ich dargestellt, dass Menschen einen Sinn in den Dingen erkennen und darauf vertrauen wollen, dass Veränderungen gründlich durchdacht sind und einen erkennbaren sowie plausiblen Grund haben. Entsprechend ist das die Veränderung auslösende Ereignis gründlich zu analysieren, Zielzustand und Weg dorthin in einer Botschaft gründlich zu formulieren. In Verbindung mit obiger Formel lässt sich für die gesamte Veränderungskommunikation eine Gliederung entwerfen.

 

story

 

Während sich die ersten beiden Fragen auf die Ausgangslage und den Zielzustand konzentrieren, so fokussieren die Fragen drei und vier auf die Praktikabilität des Weges. Frage fünf hingegen ist eine Art von Hygienefaktor und zielt auf die Motivation hin. Die beste Antwort hier wäre der Verweis auf bereits gemeinsam in der Vergangenheit erfolgreich bewältigte Veränderungsprojekte.

 

Eine systematisch geplante Kommunikation, die auf diese fünf Fragen eine Antwort gibt und zudem zur rechten Zeit erfolgt, überlässt weder Inhalte noch das Timing dem Zufall und steigert damit die Chancen auf erfolgreiche Veränderungsprojekte.

 

Kontakt: Frank Weber, www.weber-advisory.com

 
 

Der Autor:

Frank Weber ist unter der Marke weber.advisory selbstständiger Unternehmensbe­rater mit den Schwerpunkten Führung, Kommunikation und Wandel, sowie Coach für Füh­rungskräfte und ausgebildeter Mediator. Als Lehrbeauftragter an der Hochschule Fresenius unterrichtet er die Themen Change Management und Corporate Identity.

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