Mit Copycat auf Nummer sicher oder mit Innovation permanent im Wandel?

 

Je nachdem, wie innovativ ein Startup ist und wie viel Ungewissheit das Geschäftsmodell mit sich bringt, braucht es unterschiedliche Qualitäten in der Unternehmensentwicklung. Jedes neue Unternehmen und alle Startups haben zumindest eine Sache gemeinsam. Sie stehen vor einem Vorhaben, welches ein gewisses Maß an Ungewissheit mit sich bringt: „Werden wir zu den entsprechenden Zeitpunkten geeignete Investoren finden? Wird der Markt das Produkt annehmen? Können wir uns auf unsere Partner verlassen? Passt die Idee in die heutige Zeit? Werden wir entsprechend flexibel auf sich ändernde Rahmenbedingungen eingehen können?" Solche und viele andere Fragen stellen sich Unternehmensgründer. Je neuer und unbekannter eine Idee und ein Vorhaben sind, desto grösser ist die Ungewissheit. Ich unterscheide aus eigener Erfahrung zwei Gründungstypen:

 

 

 

Der erprobte Gründungstyp 1

 

Bei Gründungstyp 1 ist der Zielgruppe das Geschäftsmodell schon bekannt und es ist bewiesen, dass es grundsätzlich funktioniert. Die Gewissheit ist damit relativ hoch. Der Gründer kann in diesem Fall davon ausgehen, dass auch seine Unternehmung gelingen wird, solange der Markt – und damit die Nachfrage – groß genug ist, dass auch er als weiterer neuer Anbieter bestehen kann. Die größte Hürde besteht darin, die Ungewissheit der Markteintrittsbarrieren zu überwinden, um das neue Unternehmen zum Erfolg zu führen. Aus den eigenen Erfahrungen des Gründers und aus der Beobachtung des Wettbewerbs können die Erfolgsfaktoren abgeleitet werden, die es zu beherzigen gilt. Wie gut Copycat (http://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/copycat) als passendes Beispiel für den Gründungstyp 1 funktioniert, wurde bereits mehrfach eindrücklich unter Beweis gestellt.

 

 

 

Der innovative Gründungstyp 2

 

Anders stellt sich Gründungstyp 2 dar: Insofern das zu etablierende Vorhaben sehr innovativ, also nützlich aber auch neu und am Markt noch nicht probiert oder eingeführt ist, steckt es voller Ungewissheit. Es ist nicht nur unbekannt, ob die Zielgruppe das neue Unternehmen mögen wird, sondern es ist auch noch gar nicht klar, ob sich eine gute Produktlösung finden lässt und der Markt das Produkt oder die Dienstleistung überhaupt annehmen wird. Bei einem besonders innovativen Geschäftsmodell ist es wichtig, kleine Schritte zu gehen und das Produkt oder die Dienstleistung möglichst schnell als Prototyp bei den Kunden zu testen und das Gelernte in die zukünftigen Handlungen mit einzubeziehen. Das innovative Unternehmen zeigt sich von Anfang an flexibel und passt sich ständig dem Markt an, um auf Dauer zu bestehen. Unternehmenstyp 2 ist mindestens so lange im stetigen Wandel, bis sich das neue Geschäftsmodell breit am Markt etablieren konnte und es vielleicht schon erste Nachahmer gibt.

 

 

 

Der Umgang mit Ungewissheit bei Gründungstyp 2

 

Die Ungewissheit bei Gründungstyp2 trägt im Idealfall dazu bei, dass der Unternehmer wach, offen und neugierig im Bezug auf die Möglichkeiten und Chancen ist, die sich ihm bieten. Das Unternehmen sollte sich seiner Stärken bewusst sein, aber flexibel auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren können. Wer den Umgang mit Ungewissheit als Motivation oder zumindest als Herausforderung sieht, vermeidet, dass sich schädigende Angst vor der Zukunft im Unternehmen breit macht. Der Unternehmer kann dann zuversichtlich in die Zukunft blicken, wenn er sich die Tragbarkeit der Konsequenzen, die im schlimmsten Fall eintreten können bewusst macht. Insofern eine Entscheidung ansteht, sollte bedacht werden, wie sehr der größte anzunehmende Schaden sein könnte und ob er er die eigene Existenz bedroht. Der Unternehmer sollte immer nur so viel investieren, wie er zu verlieren bereit ist. Dadurch ist er in der Lage, relativ viel Ungewissheit auszuhalten und sich an neue Produkte oder Geschäftsmodelle heranzuwagen. Ist Scheitern zulässig und vertretbar, lässt sich Ungewissheit leichter aushalten.

 

 

 

Mit Effectuation immer den nächsten guten Schritt finden

 

Für Gründungstyp2 ist es außerdem hilfreich, überschaubare Schritte zu gehen und viel Raum für weitere Entscheidungen zu lassen, wie die nächsten Schritte sein sollen. Um in einem ungewissen oder sich wandelnden Marktumfeld immer wieder gute Wege der Weiterentwicklung zu finden, eignet sich unserer Erfahrung nach Effectuation besonders gut. Effectuation ist in einem ungewissen Umfeld eine unternehmerische Denkhaltung, die auf vier Säulen basiert (http://de.wikipedia.org/wiki/Effectuation). Die positive Beantwortung folgender vier Fragen können eine anstehende ungewisse Entscheidungen vereinfachen:
1. Stehen uns die benötigen Mittel zur Verfügung?
2. Können wir uns den möglichen Verlust leisten?
3. Welche Chancen und Zufälle fördern unser Vorhaben?
4. Lassen sich mit unseren Partnern Vereinbarungen treffen?

 

Als praktisches Hilfsmittel in der Unternehmensentwicklung für diejenigen, die sich intensiver mit Effectuation auseinander setzen wollen, empfiehlt sich darüber hinaus die „Effectuation Map". Die darin verwendeten Fragen führen durch den Effectuationprozess und jeweils zu guten nächsten Schritten. Die ersten Fragen beziehen sich auf den Anlass bzw. den Sinn des Vorhabens. Darin verbirgt sich die Motivation, sich auf den Weg zu machen. Mit den nächsten Fragen wird überprüft, ob die Ungewissheit im Vorhaben so groß ist, dass die Anwendung der Effectuationprinzipien empfehlenswert ist. Die weiteren Fragen in der Effectuation MAP fokussieren auf die Effectuationprinzipien „Means“, „Affortable Loss“ und „Partnership“. Im Bereich „Means“ wird nach den eigenen Interessen, Fähigkeiten und Beziehungen gefragt.  Bei „Affortable Loss“ geht es um die Klärung, wie viel jeweils aufs Spiel gesetzt werden soll. Die Fragen im Bereich „Partnership“ machen bewusst, inwiefern die Partnerschaften gezielt weiterentwickelt werden sollten. Alles zusammen hilft schließlich, die abschließenden Fragen nach dem passenden nächsten Schritt zu beantworten. Mit der übersichtlichen Darstellung in der MAP wird es leichter, die Antworten so aufeinander abzustimmen, dass ein stimmiges Gesamtbild entsteht. Schließlich soll der nächste Schritt gut zu den zuvor abgefragten Themen passen. Mit diesem iterativen Fortschrittsprinzip haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, und es hilft uns dabei, Entscheidungen zu treffen, mit welchen wir uns wohl fühlen.

Außerdem folgen wir in unserem Handeln gerne dem dazu passenden Prinzip von Alberto Savoia: „Versichere dich, dass du das Richtige baust, bevor du es richtig baust."

 

 

 

Gratis Download der Effecutation Map unter: http://www.innerinnovation.de/wp-content/uploads/2014/12/Effectuation-Grid-Matrix.pdf

 

 

 

 

 

Weiterführende Literatur

 

InnerInnovation – Innovationen aus eigenem Anbau. Bernd und Ulrike Buck, ISBN: 978-3-902155-20-7, literatur-vsm 2014

 

 

 

 

 

Über die Autorin:

 

Ulrike Buck, diplomierte Kommunikations-Designerin, deren Diplomarbeit mit einem Red Dot ausgezeichnet wurde, ist Gründerin und Kreativ-Chefin der seit dem Jahr 2003 bestehenden Marketingagentur heretonow GmbH mit Leistungen in den Bereichen Erlebniskommunikation, Incentivierung, Mitarbeitermotivation und zwei- und dreidimensionales Design mit Sitz in Berlin. www.heretonow.de

 

 

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